
Wir lieben ja Menschen in deren Gehirnwindungen eine verrückte Idee nicht nur ein paar Tage lang herumspukt, sondern so lange reift bis diese Idee in die Tat umgesetzt wird. Der ganze Mut wird zusammengenommen um aus dem bekannten, sicheren Alltag zu entfliehen und um sich anschließend in ein bis dato unbekanntes Abenteuer zu stürzen. Zu genau dieser Art von Persönlichkeiten gehören Kai Schäder und Matthias Rau, als sie im Jahr 2009 ihren Chefs gesagt haben „Chef, ich brauche 6 Wochen Urlaub um von Dortmund aus mit einem klapprigen Ford in die Mongolei zu fahren“. Viele Chefs hätten die beiden zwecks Untersuchung des geistigen Zustandes bestimmt erst mal zum Amtsarzt geschickt, aber die beiden Abenteurer konnten sich durchsetzen und ihren Traum von der Teilnahme an der „Mongol Rally“ verwirklichen. 17.000km durch fremde Länder galt es ohne Klimaanlage und Navigationsgerät zurückzulegen. Als Orientierung half der Stand der Sonne, ein Kompass und die altbewährten Faltkarten, wie sie früher der Opa genutzt hat. Kai Schäder hat über das Erlebte ein Buch geschrieben und wir haben die Möglichkeit genutzt, eine seiner Lesungen zu besuchen.
Bei der seit 2004 jährlich stattfindenden „Mongol Rally“ gilt es drei einfache Regeln zu beachten: Zur Teilnahme müssen die Teams 1.000 britische Pfund für einen guten Zweck sammeln, das Fahrzeug muss ein alter, klappriger Kleinwagen sein und alle Teams sind auf sich allein gestellt. Die erste Regel konnte durch großzügige Spenden von Sponsoren schnell erfüllt werden und der benötigte Kleinwagen wurde in einem Onlineauktionshaus erworben. Ein roter Ford Fiesta mit 71 PS. Nur 36.000km gelaufen. Allerdings aus dem Jahr 1989 und damit 20 Jahre alt. Hätte man uns angeboten den Wagen von Dortmund aus nach Essen zu überführen, was einer Wegstrecke von ca. 40km entspricht, hätten wir dies wahrscheinlich nur mit Begleitschutz des Automobilklubs getan. Kai Schäder und Matthias Rau hingegen, haben den Wagen um lediglich 3 cm höher gelegt, haben zwei Ersatzreifen und zwei Ersatzkanister verstaut und schon ging es auf die Piste, die sie durch 15 Länder führen sollte.
Die Lesung von Kai Schäder began am Tor zum Orient: Der Türkei. Er beschrieb, welche Gedanken ihm und seinem Begleiter durch den Kopf gegangen sind als sie sich der Grenze zum Iran näherten, da man vom Iran immer nur ein sehr düsteres Bild vermittelt bekommt. Das schwarze Tor von Mordor aus Tolkiens „Herr der Ringe“ bot hierbei den besten Vergleich, um den iranischen Grenzübergang zu beschreiben. Auch wenn die beiden Abenteurer hinter der Grenze eine Schar an Orks vermuteten, so zeigte sich der Iran von einer ganz anderen Seite: Farbenfroh und Gastfreundlich. Kai Schäder verwies darauf, dass der Iran ein ganz normales Reiseland sei und man Rundreisen durch den Iran in jedem guten Reisebüro buchen kann. Erstaunen machte sich beim interessierten Publikum breit. Die Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen zog sich wie ein roter Faden durch Kai Schäders Ausführungen über die durchquerten Länder. Am Ende eines jeden Kontakts musste das obligatorische Erinnerungsfoto mit den Abenteurern aus Deutschland gemacht werden und selbst bei Polizeikontrollen, die oft nur zum Zeitvertreib der Uniformierten dienten, blieb dieses Foto nicht aus.
Auf der legendären Seidenstraße rumpelte der alte Ford Fiesta mit offenstehender Motorhaube, zwecks besserer Kühlung des Motors, durch Wüsten und Gebirge. Gerade in den Wüstenabschnitten, so Schäder, hatte man die Wahl: Die Fenster geschlossen zu halten und die 50 °C Innenraumtemperatur zu ertragen oder die Fenster zu öffnen und 60 °C heißen Fahrtwind um die Nase geweht zu bekommen. Reichlich Wasser wurde für diese Etappen natürlich in dem roten Fiesta verstaut, wobei Salz dem Körper extra zugeführt werden musste. Hier erwies es sich auch von Vorteil, dass das Fahrzeug höher gelegt wurde. Gut ausgebaute Straßen wie wir sie in Europa kennen sind im orientalischen und asiatischen Raum geschotterte Buckelpisten. Es gabe Tage an denen die Abenteurer den ganzen Tag gefahren sind, aber nur eine Wegstrecke von 60 Kilometern zurückgelegt haben. Straßenschilder waren Mangelware und wenn man Hunderte von Kilometern durch eine karge Landschaft fährt, werden Traktoren und Eisenbahnen zu begehrten Fotomotiven. Einfache Speisen, wie Tee und Brot, erhalten als Gastgeschenke eine ganz andere Bedeutung.
Leider ging der kurzweilige und spannende Abend viel zu schnell vorbei. Kai Schäder verstand es sein Publikum zu fesseln und mit auf die abenteuerliche Reise, ganz ohne Luxus und Hightech, zu nehmen. Zu jeder Zeit konnte der interessierte Besucher Fragen stellen und die wunderschönen Fotos auf der Projektorleinwand genießen. Das Publikum konnte die verwendeten Faltkarten bestaunen, auf denen Kai Schäder akribisch den Verlauf der Reise eingezeichnet hat. An diesem Abend hat man richtig Lust darauf bekommen, ebenfalls den Alltag links liegen zu lassen und sich selbst in solch ein Abenteuer zu stürzen. Aber hat man dazu auch den Mut?
Wer wissen möchte, ob Kai Schäder und Matthias Rau die Mongolei mit ihrem Kleinwagen erreicht haben und wie Spaghetti-Eis aus echten Glasnudeln und Safran schmeckt, kann das im Buch „Durch den wilden Osten“ nachlesen. Den Besuch einer Lesung von Kai Schäder können wir euch nur wärmstens empfehlen. Alle Termine findet ihr auf der neuen Internetpräsenz des Traveldiary-Verlags.